Forderungspapier-Gentechnikfreie Landwirtschaft und Wahlfreiheit erhalten!


Die Verbände und Mitglieder des Aktionsbündnisses gentechnikfreie Landwirtschaft Baden-Württemberg sind schockiert über den Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung „neuer Züchtungstechnologien“. Der Vorschlag torpediert die Koexistenz gentechnikfreier Landwirtschaft, den Ausbau des Ökolandbaus, das Vorsorgeprinzip, die Wahlfreiheit für VerbraucherInnen und bäuerliche Unabhängigkeit in Baden-Württemberg und Europa. Der Gesetzentwurf ist daher gänzlich abzulehnen bzw. grundlegend zu überarbeiten.
Wir fordern daher von allen Parteien, Abgeordneten und Entscheidungsträger:innen:

>Vorsorgeprinzip stärken und Regulierung beibehalten

Auch alle neuen gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) müssen einer umfassenden Risikoprüfung unterzogen werden. Unerwartete Auswirkungen auf die Pflanze selbst und das Ökosystem sind besonders zu prüfen.

>Kennzeichnungspflicht erhalten und Wahlfreiheit sichern

Eine eindeutige Kennzeichnung aller GVOs und der daraus hergestellten Produkte entlang der Wertschöpfungskette muss verpflichtend sein. Verbraucherinnen müssen selbst entscheiden können, welche Lebensmittel sie kaufen möchten.

>Rückverfolgbarkeit und Koexistenz gewährleisten

GVO-Hersteller*innen müssen spezifische Nachweisverfahren mit Referenz- und Kontrollmaterial bereitstellen. Die Koexistenz gentechnikfreier Erzeugung und der Schutz vor Kontamination und Verunreinigung muss gewährleistet bleiben.

>Faire Haftungsregelungen schaffen

Klare Haftungsregelungen für unverschuldete Schadensfälle müssen in das Gesetz aufgenommen werden. Last, Kosten und Risiko dürfen nicht auf den gentechnikfreien Sektor abgeladen werden.

>Patente auf Leben verbieten

Freier Zugang zu genetischen Ressourcen muss gewährleistet sein. Neue Gentechnologien dürfen auf dem Saatgutmarkt nicht zu einer weiteren Patentierungswelle und Konzentration auf wenige Großkonzerne führen.

>Demokratische Prinzipien erhalten

Mitgliedstaaten und das Europaparlament müssen auch weiterhin Mitspracherecht in der Regulierung von GVOs haben. Nationale Verbotsmöglichkeiten wie das Opt/Out sind beizubehalten.
Auch die sogenannte „Neue Gentechnik“ ist aus unserer Sicht keine Lösung für die globale Ernährungssicherung oder gegen die Klimakrise, sondern ein Risiko für kleinbäuerliche Landwirtschaft und Biodiversität.

Einladung zur Veranstaltung: „Bleibt uns von Acker und Teller! Neue Gentechniken regulieren, Wahlfreiheit erhalten und Patente stoppen!“

Das Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft Baden-Württemberg mit seinen Mitgliedern lädt Sie/Euch zum öffentlichen Gespräch und Austausch mit Podiumsdiskussion am

19.09.2023 von 14-16 Uhr auf dem Stuttgarter Schlossplatz (Höhe Commerzbank) ein.

Uns alle besorgt der veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission zum Thema „Deregulierung Neuer Gentechniken / Neuer Züchtungstechnologien“ und wir möchten uns dafür einzusetzen, dass die bisherige Regelung innerhalb der EU weiter bestehen bleibt. Denn wir wollen keine unkontrollierte Ausbreitung neuer gentechnischer Organismen auf Acker und Teller!

Nicht allein für die biologische und gentechnikfrei wirtschaftende konventionelle Landwirtschaft hier in Baden-Württemberg, sondern auch für alle an dieser Wertschöpfungskette beteiligten Akteur:innen, wäre der wirtschaftliche Schaden immens.

Der Wegfall von Kennzeichnungspflicht und Rückverfolgbarkeit nimmt Verbraucher:innen die Wahlfreiheit und führt zu Intransparenz. Ohne Risikoprüfung kann die EU dem Vorsorgeprinzip nicht nachkommen.

Besorgniserregend sind dann unvermeidbare Kontaminationen von Wertschöpfungsketten und Ökosystemen, da die Koexistenzfrage im kleinstrukturierten Baden-Württemberg völlig offenbleibt. Die ungeklärte Haftungsfrage führt zu enormen Kostensteigerungen bei allen die weiterhin gentechnikfrei wirtschaften wollen.

Zudem stellt die Patentierungen von Gensequenzen die praktische Landwirtschaft vor große Herausforderungen und schafft Abhängigkeiten die unbedingt verhindert werden müssen.


Auch würde die Erreichung der Ziele des Biodiversitätsstärkungsgesetzes im Land in weite Ferne rücken. Denn in Zeiten der Klimakrise und des Biodiversitätsverlustes kommt es auf resiliente, vielfältige Anbausysteme an. Diese entstehen nicht isoliert durch Pflanzengenetik.

Wir freuen uns über Ihre/Eure Teilnahme!

Fragen und Antworten zur Gentechnik

Sind neuartige gentechnische Verfahren (NGT), wie z.B. CRISPR/Cas9, denn überhaupt Gentechnik?

Mit seinem Urteil zur Gerichtssache C‑528/16 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2018 geklärt, dass auch die NGT unter das geltende europäische Gentechnikrecht fallen und entsprechend zu regulieren sind. Das Urteil war eindeutig, da auch durch diese Verfahren „eine auf natürliche Weise nicht mögliche Veränderung am genetischen Material eines Organismus vorgenommen wird“. Explizit hat der EuGH in seiner Urteilsbegründung auf das Vorsorgeprinzip, das der Gentechnikregulierung zugrunde liegt, Bezug genommen. Darin wurden nun auch die mit neuen Verfahren erzeugte Organismen eingeschlossen und den Verpflichtungen der Richtlinie 2001/18/EG (Freisetzunsgrichtlinie) unterworfen. Das bedeutet eine Pflicht zur Prüfung, Zulassung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit. 

In der Risikobewertung ist dabei nicht nur das Ergebnis entscheidend, sondern die Prüfung wird bereits durch das Verfahren der genetischen Veränderung veranlasst. Die EU-Prüfung für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) greift daher beide Aspekte auf: Der Prozess definiert die Notwendigkeit der Prüfung, untersucht wird dann das jeweilige Produkt, also der GVO.

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